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Kann die Frist des § 12 Abs. 3 S. 1 VVG a.F. bei Altverträgen ab dem 01.01.2008 wirksam in Gang gesetzt werden?

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Nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. blieb der Versicherer leistungsfrei, wenn ein abgelehnter Anspruch gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde. Diese Ausschlussfrist wurde durch die VVG-Reform ersatzlos gestrichen (Brand, in: Looschelders/Pohlmann, Art. 1 EGVVG, Rn. 22). Für die sog. Neuverträge gilt diese Regelung demnach nicht. Umstritten ist aber, ob die Norm hinsichtlich sog. Altverträge ab dem 01.01.2008 anwendbar ist.

Nachdem bereits das LG Dortmund in zwei Entscheidungen (Urt. v. 28. 05.2009 – 2 O 353/08, VersR 2010, 193-196;  Urt. v. 12.08.2009 – 22 O 179/08, VersR 2010, 196-198) die Möglichkeit einer Fristsetzung nach dem 01.01.2008 für Altverträge bejaht hat, kommt das LG Köln in einer jüngeren Entscheidung (Urt. v. 27.01.2010 – 26 O 224/09, VersR 2010, 611-612) zu demselben Schluss.

Die angesprochenen Gerichte begründen ihre Ansicht mit dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 EGVVG. Danach würde die Vorschrift lediglich durch Art. 1 Abs. 2 sowie die Art. 2-6 EGVVG eingeschränkt werden. Art. 1 Abs. 4 EGVVG werde als Ausnahme nicht erwähnt. Die Norm treffe auch ihrem Wortlaut nach nicht zu, da sie nur den Ablauf einer noch im Jahr 2007 gesetzten Frist im Jahr 2008 betreffe, nicht aber die erstmalige Fristsetzung im Jahr 2008.

Dieser Begründung ist nicht zuzustimmen. Dies zeigt sich insbesondere, wenn man das Vorbringen beider Auffassungen zur Ablehnung eines Fristbeginns nach dem 31.12.2008 gegenüberstellt.

Bejaht man das Setzen einer Frist nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. mithilfe von Art. 1 Abs. 1 EGVVG bis zum 31.12.2008, bereitet die Argumentation, den Beginn einer Frist nach dem 01.01.2009 abzulehnen, nicht unerhebliche Probleme.  Die Auffassung des LG Dortmund (VersR 2010, 198), wonach gegen die Anwendbarkeit von Art. 1 Abs. 2 EGVVG spräche, dass die Klagefrist nur die prozessuale Durchsetzbarkeit und nicht den Inhalt der Rechte und Pflichten aus dem eingetretenen Versicherungsfall betreffe, ist nicht zwingend (Marlow, VersR 2010, 198, 199).

Stringenter ist die Ansicht, die § 12 Abs. 3 VVG a.F. schon ab dem 01.01.2008 für unanwendbar hält (Looschelders, in: MüKo VVG, Bd. 1, Art. 1 EGVVG Rn. 29 m.w.N.), da sie ein höheres Maß an Rechtssicherheit bietet. Denn der Eintritt eines Versicherungsfalles ist danach bedeutungslos. Zumal wäre die Vorschrift des Art. 1 Abs. 4 EGVVG obsolet, wenn Art. 1 Abs. 2 EGVVG daneben anwendbar wäre, da sämtliche übergangsrechtlich relevanten Fälle von der Regelung als Ausnahme zu Abs. 1 erfasst wären (Brand, in: Looschelders/Pohlmann, Art. 1 EGVVG, Rn. 23).

Nach Sinn und Zweck von Art. 1 Abs. 4 EGVVG dürfte die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. bei Altverträgen ab dem 01.01.2008 nicht mehr wirksam in Gang gesetzt werden können.

Ingo Weckmann, LL.M.

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