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Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. kann seit dem Inkrafttreten des neuen VVG am 1. Januar 2008 nicht mehr gesetzt werden gemäß Art. 1 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 4, 2 EGVVG

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BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 – IV ZR 2/11

Das neue Versicherungsvertragsgesetz sieht die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nicht mehr vor. Jedoch bestimmt Art. 1 Abs. 1 EGVVG die Fortgeltung des alten VVG für Altverträge, soweit in Absatz 2 und in den Artikeln 2 bis 6 nichts anderes bestimmt ist.

Die Frage, ob seit dem Inkrafttreten des neuen VVG eine Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. noch gesetzt werden kann, wird unterschiedlich beantwortet.

Die Instanzrechtsprechung bejaht eine Fristsetzung zumindest innerhalb der Übergangszeit bis Ende 2008. Dabei bezieht sie sich im Wesentlichen auf das Fehlen einer entgegenstehenden gesetzlichen Ausnahmeregelung vom Grundsatz der Fortgeltung des alten VVG in Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG und die insoweit vom Gesetzgeber nicht hinreichend formulierte Rechtslage.

Teile der Literatur halten demgegenüber die Fristsetzung zeitlich für unbegrenzt zulässig.

Hingegen lehnen die herrschende Lehre und eine im Vordringen befindliche obergerichtliche Rechtsprechung die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. seit dem Inkrafttreten des neuen VVG – gestützt auf Art. 1 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 4, 2 EGVVG – ab.

Mit dem Urteil vom 8. Februar 2012 – IV ZR 2/11 hat sich der BGH der herrschenden Lehre und der obergerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen.

Zur Begründung führt der BGH an, dass die Umsetzung im intertemporalen Kollisionsrecht des EGVVG sowohl den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringe, als auch der Gesetzeszweck, die Entstehungsgeschichte und die Gesetzessystematik dafür sprechen, die Fristsetzung nach dem Inkrafttreten des neuen VVG ausnahmslos auszuschließen.

Grund für die ersatzlose Streichung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. sei die nicht mehr zu rechtfertigende Privilegierung einer Vertragsseite – hier dem Versicherer -.

Eine über Jahre andauernde Fortgeltung dieser Regelung zu Lasten des Versicherungsnehmers sei damit nicht zu vereinbaren. Die Übergangsregelung des Art. 1 Abs. 1 EGVVG ziele darauf ab, dem sonst – aufgrund der Langlebigkeit von Versicherungsverträgen – bestehenden jahrelangen Nebeneinander von altem und neuen VVG entgegenzuwirken und möglichst schnell die Stärkung des Versicherungsnehmers umzusetzen.

Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 4 EGVVG lasse hingegen noch Zweifel an der Nichtanwendbarkeit der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. zumindest während der Übergangszeit zu, weil er nicht in der Vorschrift des Art. 1 Abs. 1 EGVVG erwähnt ist.

Dabei werde verkannt, dass die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. ohne diese Regelung über Art. 3 Abs. 4 EGVVG der allgemeinen Fristregelung für Verjährungen des Art. 3 Abs. 2 EGVVG und damit  einer – ihre Anwendung noch während der Übergangszeit in Zweifel ziehenden – Ausnahmeregelung ausgesetzt gewesen wäre.

Auch die Entstehungsgeschichte spreche für den sofortigen Ausschluss mit Inkrafttreten des neuen VVG. Art. 1 Abs. 4 EGVVG beziehe sich lediglich auf bereits in Lauf gesetzte Fristen, nicht aber auf die Zulassung von Neufristsetzungen während des Übergangszeitraumes. Nur insoweit sollte eine Fortgeltung des alten VVG bei bereits gesetzten Fristen sichergestellt werden. Dies schließe aber im Umkehrschluss eine weitergehende Anwendung aus.

Ansonsten könne der Sinn der Vorschrift bezweifelt werden. Mit dem Verständnis, Klagefristen bis Ende 2008 oder sogar darüber hinaus setzten zu dürfen, dann wäre der Ablauf einer zuvor gesetzten Frist nicht regelungsbedürftig, sondern selbstverständlich.

Sarah Appelrath

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