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Fremdsicherheiten werden auch „dinglich gelöst“, aber nicht unmittelbar

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BGH, Urteil vom 27.10.2010 – IVR ZR 22/09 = BeckRS 2010, 28429

Bei Lebensversicherungsverträgen ist es gängige Praxis, das Bezugsrecht eines Drittem widerruflich einzuräumen. Dementsprechend ist nach § 159 Abs. 1 VVG im Zweifelsfall eine widerrufliche Bezugsberechtigung anzunehmen (Peters, in: Looschelders/Pohlmann, § 159, Rn. 15).

Ein Widerruf kann grundsätzlich durch jede Veränderung der Bezugsberechtigung vorgenommen werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung aber ausnahmsweise nicht im Falle einer Sicherungsabtretung. Diese sei regelmäßig lediglich als Einschränkung der Bezugsberechtigung zu werten. Danach trete die Bezugsberechtigung zwar für die Dauer der Sicherung hinter der Abtretung im Rang zurück, im Übrigen bliebe sie jedoch erhalten und käme gegebenenfalls zur Geltung, soweit die Versicherungsleistung den besicherten Anspruch überstiege (BGH Urt. v. 18.10.1989 – AZ IVa ZR 218/88, VersR 1989, 1289). Diese Ausnahme erklärt sich nicht zuletzt durch die widersprüchliche Rechtsnatur der Sicherungsabtretung. Obwohl der Sicherungsnehmer rechtlich die volle Gläubigerstellung erwirbt, sollen ihm nach der getroffenen Zweckabrede lediglich die Befugnisse ähnlich denen eines Pfandgläubigers zustehen (Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 398, Rn. 20).

Die bisherige Rechtsprechung betraf lediglich Fälle einer Eigensicherung. Bislang war noch nicht entschieden, wem der Anspruch auf die Versicherungsleistung zusteht, wenn die Abtretung der Sicherung einer fremden Kontokorrentverbindlichkeit dient.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2010 führt der BGH seine Rechtsprechung zur Sicherungsabtretung fort (AZ: IV ZR 22/09 – BeckRS 2010, 28429). Auch im Falle einer Fremdsicherheit gelte grundsätzlich die sog. „dingliche Lösung“ (BeckRS 2010, 28429, Rn. 14). Allerdings spräche die Interessenlage der Beteiligten gegen eine sofortige Verwertung der Sicherheit im Zeitpunkt des Todesfalls. Erst wenn die Sicherheit frei werde oder die Sicherheit verwertet werden muss und ein Verwertungsüberschuss verbleibe, stehe die restliche Todesfallleistung dem Bezugsberechtigten zu. Denn nach dem Zweck einer Sicherungsabtretung solle sich diese nicht mit dem Tod des Versicherungsnehmers erledigt haben (BeckRS 2010, 28429, Rn. 16).

Dem BGH ist zuzustimmen. Die Entscheidung führt zur Rechtssicherheit und berücksichtigt die Interessen aller Beteiligten angemessen.

Ingo Weckmann, LL.M.

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