Nach der Verordnung des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments vom 24.11.2010 (VO (EU) Nr. 1094/2010) nahm am 01.01.2011 die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) als Kernbestandteil des neuen Europäischen Finanzaufsichtssystems (ESFS) ihre Arbeit auf. Neben der EIOPA wurden auch auf dem Gebiet des Bankenrechts (EBA) und des Wertpapierrechts (ESMA) entsprechende Aufsichtsbehörden errichtet.
Kernaufgaben der EIOPA werden die Entwicklung und Ausarbeitung technischer Standards sowie Empfehlungen und Leitlinien zur Koordination der nationalen Aufsichtsbehörden sein (vgl. Art. 8, 29 der VO). Zudem stellt die EIOPA die Einhaltung der Vorgaben durch die nationalen Aufsichtsbehörden sicher, im Fall der Beauftragung durch den Rat sogar mittels verbindlicher Vorgaben. Die Befugnisse der EIOPA differieren: Die Empfehlungen und Leitlinien besitzen keine Rechtssatzqualität. Hier haben die nationalen Behörden getreu dem Grundsatz „comply or explain“ lediglich eine Begründung im Falle einer Abweichung anzugeben, Art. 16 Abs. 3 Satz 3 VO. Die Befugnisse der EIOPA in Bezug auf Rechtsverstöße gegen vereinheitlichte Standards vollziehen sich stufenweise. Die europäische Behörde untersucht Verstöße von Amts wegen und gibt entsprechende Empfehlungen an den nationalen Aufseher heraus. Ein direktes Einschreiten gegen das Versicherungsunternehmen ist als ultima ratio gem. Art. 18 Abs. 4 VO nur für den Ausnahmefall vorgesehen, dass der Aufseher bei einem Verstoß gegen EU-Verordnungen auch den Empfehlungen seitens der EIOPA nicht Folge leistet und die Kommission einen Krisenfall (Art. 18 Abs. 2 VO) festgestellt hat. Ähnlich gestuft kann die EIOPA bei Streitigkeiten zwischen den nationalen Behörden über die Auslegung und Anwendung der EU-Vorgaben (vgl. Art. 19 VO) sowie der Einholung von Informationen gegenüber dem Versicherungsunternehmen (Art. 35 VO) verfahren.
Neben dem zentralen Aufsichtsorgan steht der EIOPA ein Vorsitzender, der Verwaltungsrat und der Exekutivdirektor zur Geschäftsführung und Vertretung sowie ein Beschwerdeausschuss als Organe zur Verfügung (vgl. Art. 6 VO).
Die EIOPA wird geschaffen, um eine bessere Koordinierung zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden zu schaffen und die Einhaltung europäischer Vorgaben zu gewährleisten. Insbesondere in der 3. Stufe des (Lamfalussy-) Gesetzgebungsverfahrens zu Solvency II soll die EIOPA maßgeblich beteiligt werden. Welches Gewicht die europäische Behörde durch ihre begrenzten Befugnisse neben den nationalen Aufsichtsbehörden erhält, bleibt indes abzuwarten.
Christina Keune