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Erstattungsfähigkeit der Selbstvertretung im Zivilverfahren

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BGH, Urteil vom 10.11.2010 – IV ZR 188/08 = VersR 2011, 67

Im Gegensatz zur Strafprozessordnung erlaubt die Verfahrensordnung für das Zivilrecht eine Selbstvertretung durch einen Rechtsanwalt, vgl. § 78 Abs. 4 ZPO. Daran anknüpfend ist als kostenrechtliche Konsequenz in § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehen, dass dem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts verlangen könnte.

Im Bezug auf die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ist umstritten, ob § 5 Abs. 1 a) S. 1 ARB auch die Rechtsanwaltsvergütung durch Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit erfasst. Eine in Rechtsprechung und Literatur vordringende Meinung lehnt dies ab (OLG Stuttgart, ZfSch 2009, 650-652, AG München NJW 2009, 239; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., ARB 2008/II, § 5 Rn. 19). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sei von einer Personenverschiedenheit auszugehen, da die Rede einerseits vom Versicherungsnehmer und andererseits vom Rechtsanwalt sei (Mathy, r+s 2009, 265, 268). Zudem stünde der Sinn und Zweck der Rechtsschutzversicherung entgegen. Danach sei diese darauf gerichtet, tatsächlich entstandene Kosten und nicht nur fingierte zu ersetzen (OLG Stuttgart, a.a.O., 652; Mathy, a.a.O., 268).

Dieser ablehnenden Ansicht tritt der BGH mit Urteil vom 10.11.2010 – Az: IV ZR 188/08 (BGH, VersR 2011, 67-69) entgegen. Nach den dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden ARB 94 erfasse § 5 Abs. 1 a) S. 1 ARB auch die Rechtsanwaltsvergütung durch Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit. Obwohl die §§ 78 Abs. 4, 91 Abs. 2 S. 3 ZPO Regelungen des Prozessrechts seien, dürfen sie bei der Auslegung der Rechtsschutzbedingungen nicht außer Acht gelassen werden. Dafür spräche bereits die Bezugnahme auf das gesetzliche Gebührenrecht („…bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung“). Vor dem Hintergrund der Verfahrensregeln käme aber eine Personenverschiedenheit als Klauselverständnis des Versicherungsnehmers nicht in Betracht. Daneben würde die wirtschaftliche Situation des selbstvertretenden Rechtsanwalts derjenigen eines Versicherungsnehmers ähneln, der von einem anderen Rechtsanwalt vertreten worden ist und diesem das Honorar bereits beglichen hat. In beiden Fällen würde die geldwerte anwaltliche Leistung „auf Kosten“ des Versicherungsnehmers erbracht werden (BGH, VersR 2011, 68).

Das Wortlautargument des BGH ist auch auf die ARB 2010 übertragbar. In § 5 Abs. 1 a) S. 1 ARB 2010 ist der Verweis „…bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung“ ebenfalls enthalten.

Ingo Weckmann, LL.M.

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