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Zum Eintritt des Pfändungsschutzes bei einer Lebensversicherung

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BGH, Urteil vom 22.07.2015 – IV ZR 223/15 = BeckRS 2015, 14058

In seinem Urteil vom 22. Juli 2015 (Az. IV ZR 223/15 = BeckRS 2015, 14058) hat der BGH sich mit der umstrittenen Frage auseinandergesetzt, ab welchem Zeitpunkt eine Lebensversicherung infolge eines Umwandlungsverlangens des Versicherungsnehmers (VN) nach § 167 VVG Pfändungsschutz gem. § 851c Abs. 1 ZPO erlangt.

Nach einer verbreiteten Auffassung in der Literatur tritt der Pfändungsschutz bereits mit Zugang des Umwandlungsverlangens beim Versicherer (VR) ein (vgl. etwa Looschelders/Pohlmann/Krause, VVG-Kommentar, 2. Auflage, 2011, § 157 Rn. 13). Das Umwandlungsrecht des VN nach § 167 VVG sei dabei zumindest einem Gestaltungsrecht ähnlich (Looschelders/Pohlmann/Krause, VVG-Kommentar, 2. Auflage, 2011, § 157 Rn. 13). Zudem habe der VN keine Möglichkeit, den Zeitpunkt der Umwandlung der Lebensversicherung zu beeinflussen (Reiff, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, § 167 Rn. 14).

Dem ist der BGH entgegengetreten. Nach Auffassung des BGH tritt der Pfändungsschutz erst ein, wenn die Umwandlung der Lebensversicherung in eine den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entsprechende Versicherung erfolgt ist. Der bloße Zugang des Umwandlungsverlangens beim VR genüge hingegen nicht. Dies ergebe sich aus dem gesetzlichen Regelungskonzept, das aus Gründen der Rechtssicherheit, des Gläubigerschutzes sowie des Missbrauchsschutzes zwischen dem Umwandlungsverlangen auf der einen Seite und der tatsächlich erfolgten Umwandlung auf der anderen Seite unterscheide. Dementsprechend begründe § 167 VVG auch „kein Gestaltungsrecht“ des VN. Vielmehr habe der VN „nur einen Anspruch“ gegen seinen VR auf die Umwandlung. Komme der VR diesem Anspruch nicht nach und entspreche die Versicherung im Zeitpunkt der Pfändung nicht den Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO, sei ein Pfändungsschutz mithin nicht gegeben.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die Klägerin als VN kurz vor Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters bei ihrem VR um die Umwandlung ihrer Lebensversicherung in eine pfändungsgeschützte Rentenversicherung ersucht. Dem kam der VR nicht (rechtzeitig) nach. Dadurch konnte der Insolvenzverwalter der Klägerin den Lebensversicherungsvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigen und erhielt den Rückkaufswert der Versicherung ausgezahlt. Die Lebensversicherung der Klägerin war dabei nach Auffassung des BGH – mangels einer erfolgten Umwandlung – nicht nach § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 851c Abs. 1 ZPO von der Insolvenzmasse ausgenommen.

Angesichts der restriktiven Haltung des BGH stellt sich die Frage, inwieweit der VN vom VR Schadensersatz verlangen kann, wenn letzterer die verlangte Umwandlung pflichtwidrig und schuldhaft verzögert. Besonders interessant ist dabei, ob der VR in einem solchen Fall im Wege der Naturalrestitution verpflichtet ist, dem VN den Abschluss eines neuen, den Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO entsprechenden Vertrages anzubieten. Dies ließ der BGH jedoch aus prozessrechtlichen Gründen weitgehend offen. Klarheit besteht lediglich insoweit, als der BGH zumindest die abstrakte Möglichkeit eines – wie auch immer gearteten – Schadensersatzanspruches des VN aufgrund einer – nicht näher definierten – pflichtwidrigen und schuldhaften Verzögerung der Umwandlung bejaht.

Dr. Boris Derkum

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